«

»

Schulmediziner_innen (Gött_innen in Weiß) und andere gegen die Beschneidung als Teil religiöser Riten

[Inhaltswarnung: Rassistische Begriffe im 4. Absatz verwendet. kiturak]

Share on TwitterShare via email

Permanentlink zu diesem Beitrag: http://takeoverbeta.de/2012/07/schulmediziner_innen-goett_innen-in-weiss-und-andere-gegen-die-beschneidung-als-teil-religioeser-riten-2/

27 Kommentare

1 Ping

Skip to comment form

  1. 1
    rouven

    Hallo,

    eine Anmerkung zum Satz “Es geht darum, in Zeiten zunehmender Unsicherheit…”. Ich denke, dass ich verstehe, wie es gemeint ist, aber hier werden Begriffe ausgeschrieben, die rassistisch sind.

    Ich würde mich über eine andere Formulierung freuen, auch wenn ich weiß, dass das dem Text einen gewissen ‘drive’ nehmen könnte.
    Viele Grüße
    Rouven

    [freigeschaltet von Samia]

      Zitieren  Antworten

    1. 1.1
      kiturak

      @rouven: Danke und erstmal Entschuldigung. Habe den jüdischen Begriff verfremdet. Zum K-Wort versuche ich [die Autorin] zu erreichen – als selbst Weiße* fühl ich mich grad nicht befugt, in reclaiming-Fragen reinzureden. [editiert. kiturak]

      update: Inhaltswarnung vorangestellt.

        Zitieren  Antworten

    2. 1.2
      [Autorin]

      rouven » Da ich explizit als Muslimin diesen Text schreibe, die mit dem Begriff des Kanaken beschimpft und diskriminiert wird, sieht die Situation anders aus. Unter anderen Umständen fänd ich es auch nicht in Ordnung, von der jüdischen Mischpoke zu schreiben, aber da ich es direkt hinter Kanake benutzt habe, was mich eben persönlich betrifft, wollte ich damit auch eine besondere jüdisch-muslimische Solidarität zum Ausdruck bringen, die zugegebener Maßen hier erstmal nur auf der Grundlage der Opferposition liegt…

      Für mich ist das Benutzen dieser Begriffe ein Mittel, um meine Wut über den Rassismus auszudrücken und den weißen, deutschen, christlich geprägten Menschen, die gerne von oben auf andere herab gucken wollen, zu zeigen, dass ich genau weiß, wie sie über mich und andere denken. Ich möchte keine Beschönigung der Verhältnisse durch eine politisch korrekte Wortwahl, vor allem wenn ich mich selbst darum bemühen muss, es aber andere, die an meiner Diskriminierung weiter beteiligt sind, nicht tangiert.

        Zitieren  Antworten

  2. 2
    H. S. Pappschmier

    Warum nicht mit der Beschneidung bis zur Volljährigkeit warten?
    Warum einem Kind unwiederruflich ein körperliches Merkmal als Zeichen einer Religionszugehörigkeit aufzwingen? Warum überhaupt gerade am Penis rumschnibbeln?
    Nur weil es intensive Impfpraxis gibt, finde ich Beschneidung keinen Deut besser.
    Nur weil [Rassist_innen]* die Diskussion für ihre Zwecke einsetzen, muß ich Beschneidung nicht gut finden.
    Geschlechtsorgane gehören nur den Kindern selbst – für alle anderen gilt: Finger weg!

    [*editiert von kiturak - Zur Verwendung von "rassistisch" statt "fremdenfeindlich" siehe Info von der braune mob, Informationen für Journalisten zum korrekten sprachlichen Umgang mit rechtsextremistischen oder rassistisch motivierten Straftaten]

      Zitieren  Antworten

    1. 2.1
      [Autorin]

      H. S. Pappschmier » Ich finde es immer wieder bemerkenswert, wie Nichtmuslime erst bei der Betrachtung muslimischer oder jüdischer Praxis sich über Menschenrechte Gewissheit erlangen, bzw. dies versuchen. Ein Kind entscheidet nie selbst. Kann es auch in den meisten Fällen nicht. Ein Kind wird in eine Welt hineingeboren, die es sich nicht aussucht. Alle Eltern haben die Freiheit, ihr Kind so zu erziehen wie sie es wollen. Und keine Erziehung ist einfach rückgängig zu machen. Die ersten Jahre eines Menschen bleiben die prägensten und diese Prägungen bleiben in der Regel.

      Was die Bschneidung angeht, empfinde ich sie nicht als Körperverletzung. Ja, es tut weh, wenn es geschieht, aber eben nicht mehr als eine Impfung, die ja bekanntlich viel öfter durchgeführt wird. Die Frage, ob man nicht warten könne, bis jemand volljährig ist oder nicht, betrifft eine der Grundprinzipien der jüdischen und muslimischen Religion und es ist der Versuch, die Religion durch eine christlich geprägte Mehrheitsgesellschaft per Gesetz zu ändern, was einfach nicht hinnehmbar ist. Zudem denke ich eben, dass es sehr vieles andere gibt, was quantativ viel mehr Menschen betrifft und diskutiert werden sollte. Warum geschieht das nicht? Was ist nun eigentlich mit den Missbrauchsfällen durch krichliche und andere Bildungsinstitutionen geschehen? In wie weit wurde das denn schon aufgearbeitet? Und können wir sagen, dass die Gefahr jetzt nicht mehr besteht? Bei so banalen Dingen wie der Jungenbeschneidung wird heftigst das Recht des Kindes vertreten, aber dort wo wirklich das Recht des Kindes ignoriert, das Kind auf schlimmste Art und weise missbraucht wurde und dort wo, nachgewiesen Spätfolgen zu verzeichnen sind, Menschen damit leben müssen, dass sie damit nicht leben können, dort wird geschwiegen. Für mich ist und bleibt diese Diskussion eine Diskussion um hegemoniale Platzzuweisungen. Nach dem Motto: Ihr die Muslime könnt hier Eure Religion nur so leben, wie wir es Euch erlauben, sie zu leben.

        Zitieren  Antworten

  3. 3
    Der Mäanderthaler

    [Autorin]:
    H. S. Pappschmier » Ich finde es immer wieder bemerkenswert, wie Nichtmuslime erst bei der Betrachtung muslimischer oder jüdischer Praxis sich über Menschenrechte Gewissheit erlangen, bzw. dies versuchen. Ein Kind entscheidet nie selbst. Kann es auch in den meisten Fällen nicht. Ein Kind wird in eine Welt hineingeboren, die es sich nicht aussucht. Alle Eltern haben die Freiheit, ihr Kind so zu erziehen wie sie es wollen. Und keine Erziehung ist einfach rückgängig zu machen. Die ersten Jahre eines Menschen bleiben die prägensten und diese Prägungen bleiben in der Regel.

    […]
    Die Frage, ob man nicht warten könne, bis jemand volljährig ist oder nicht, betrifft eine der Grundprinzipien der jüdischen und muslimischen Religion und es ist der Versuch, die Religion durch eine christlich geprägte Mehrheitsgesellschaft per Gesetz zu ändern, was einfach nicht hinnehmbar ist.

    Die Sache ob Kinder ungefragt Teil einer Religionsgemeinschaft werden und damit die Pflicht haben nach den Regeln der Religion zu leben, ist aber nicht primär eine Frage von christlicher Mehrheitsgesellschaft und muslimischer und jüdischer Minderheit, sondern es ist eine Frage der Aufklärung, die sich natürlich gegen Religionen richtet. Aus diesem Grund setzen sich ja auch die christlichen Kirchen sehr vehement für das Recht auf Beschneidung von Kindern ein.

    In der Hinsicht ist das Recht auf Beschneidung genau das gleiche wie das Recht auf Biologieunterricht ohne Evolutionslehre oder das Recht davor keine Homosexualität sehen zu müssen.

    Dass die Zahl an Menschen die sich gegen Religion einsetzen auffallend größer wird, wenn es sich um Islam oder Judentum handelt, sehe ich übrigens genauso und verachte die Mehrheitler, die niemals etwas gegen das Christentum sagen würden zutiefst.

    [freigeschaltet von Sakine]

      Zitieren  Antworten

    1. 3.1
      [Autorin]

      Der Mäanderthaler>> So einfach ist die Welt aber leider auch nicht. Aus Ihnen spricht der Irrglaube, die Aufklärung wisse a) ohnehin immer die richtige Antwort auf alle Fragen und b) sie sei gegen Religionen per se. Das sehe ich nicht so und wüsste auch nicht, durch welche der aufklärerischen Schriften dieser “Glaube” gerechtfertigt werden sollte. Die Religionsfreiheit, welche miteinschließt, dass Eltern ihre Kinder religiös erziehen und sie durch bestimmte Riten in die Religionsgemeinschaften sozial einbinden dürfen – denn nur so funktioniert eine Religionsgemeinschaft und wenn wir dies unterbinden, dann rotten wir eine Religionsgemeinschaft aus – ist immanenter Bestandteil der Aufklärung, gerade weil wir keine letztgültige Lösung für die Frage nach der Schöpfung oder, was noch wichtiger ist, nach dem, was nach dem Tod kommt, geben können.
      Kolonialistische Praktiken haben sich aber öfter der Kinder bedient, um bestimmte Traditionen und Glaubensrichtungen auszurotten. So wurden beispielsweise in Kanada die Kinder indianischer Eltern von ihnen weggenommen, damit sie erstmal eine “zivilisierte” Grundbildung in Internaten bekamen. Das war noch in den 1960er/1970er Jahren so. Dies ist natürlich eine sehr extreme Variante, aber daran will ich deutlich machen, wie kolonialistische Praktiken sich natürlich für die frühe Erziehung interessieren, um die Kinder umformen zu können. Dabei geht es darum den Einfluss der Eltern in die Erziehung der Kinder zu unterbinden oder so gering wie möglich zu halten, um sie nach anderen Idealen, religiösen Vorstellungen etc. zu erziehen. Dies ging sogar so weit, dass die Kinder ihre Eltern einige Jahre überhaupt nicht sehen durften….
      Auch im osmanischen Reich gab es ähnliche Praktiken, wobei eben ein Knabe zur Erziehung an den Staat abgegeben werden musste, damit die restlichen Religionsgemeinschaften ihre Rituale aufrecht erhalten und sie weiter an die anderen Kinder vermitteln konnten….

      Ich finde nach wie vor die Beschneidung der Jungen nicht dramatisch, als dass ich darüber eine Menschen- oder Kinderrechtsdiskussion führen möchte, noch möchte ich darüber eine Grundsatzdiskussion über Religionsfreiheit in einer Demokratie führen. Dieses Thema ist schlichtweg aufgebauscht. Es gibt im Gegensatz dazu viele andere Themen, und ich nenne hier jedesmal andere, die zum einen belegt und zum anderen wirkliche gesellschaftliche Probleme darstellen, wie zum Beispiel das Problem des Rassismus an Schulen, die wirklich angegangen werden müssen.

        Zitieren  Antworten

  4. 4
    Der Mäanderthaler

    [Autorin],

    Dass das Thema aufgebauscht ist, darin haben wir vermutlich sogar einen Konsens.

    Allerdings gibt es wohl leider keine Chance dass das Thema ohne eine Klärung in der Versenkung verschwindet. [freigeschaltet von Sakine]

      Zitieren  Antworten

    1. 4.1
      [Autorin]

      Der Mäanderthaler » Es gibt aber nichts zu klären. Jedenfalls nicht gesamtgesellschaftlich. Wir müssen als Gesellschaft lediglich dafür sorgen, dass Menschen keine Jungenbeschneidungen heimlich durchführen lassen und oder sich nicht trauen, das Kind zum Arzt zu bringen, wenn es noch Nachblutungen geben sollte. Damit sollte das dann Thema beendet sein. Es gibt schließlich wirklich wichtige Themen, die bearbeitet werden wollen, die wirkliche Probleme darstellen. Wie zum Beispiel die Jugendarbeitslosigkeit, die Wirtschafts- und Bankenkrise und und und.

        Zitieren  Antworten

      1. kiturak

        @[Autorin]: Mich stört das “wirklich wichtige Themen”-Argument. Damit wurden und werden ständig Antidiskriminierungs-Bewegungen blockiert. “Habt Ihr keine *echten* Probleme?” kommt regelmäßig als Entgegnung, z.B. in Diskussionen um diskriminierende Sprache. Dabei finden Außenstehende/Privilegierte, dass sie darüber urteilen können, was “wirklich wichtig” ist für eine diskriminierte Gruppe. (Warum das gerade bei Sprache eine gefährliche Verharmlosung ist, zeigt Genderbitch in Words and Offense.) In jedem Fall lenkt das Argument vom aktuellen Problem nur ab, ohne dazu Stellung zu nehmen.

        Natürlich ist die ganze Debatte aufgebauscht, und zwar in einer rassistischen Weise, und ich finde, dass Dein Artikel das perfekt zeigt. Trotzdem ist da auch nicht einfach “nichts zu klären” oder so. Es gehört in den Bereich der Diskriminierung von Kindern, und ist, wie Du völlig richtig gesagt hast, einfach nur ein sehr kleiner Ausschnitt aus der ganz normalen “Erziehung”, die immer stattfindet.
        Das heißt aber nicht, dass Erziehung und Beschneidung gleichermaßen richtig sind. Meiner Ansicht nach eher im Gegenteil: Beides sollte gleichermaßen aufhören. Das heißt aber, dass Mehrheitsdeutsche sich erstmal an der eigenen Nase kratzen sollten (RW), was Eingriffe in die Selbstbestimmung von Kindern angeht. Dass das nirgends passiert, liegt daran, wie Du längst gezeigt hat, dass das – hm – Kinderrechts-Thema (bzw. Adultismus) hier einfach mal eben von der Mehrheitsgesellschaft missbraucht wird, um Minderheiten auszuschließen. Ohne dass sich irgendjemand tatsächlich nach den Interessen von Kindern erkundigt.

        (Zu “Erziehung” gibt es bei den KinderRÄchTsZÄnkern ein ganzes Kapitel, das ich wirklich nur allen empfehlen kann, gerade den Text Erziehen ist gemein. (Nicht nur) accalmie hat begründet, warum sie darin (auch) ein feministisches Thema sieht -

        In the post about Catholicism and Feminism, one of the essential points I tried to make was that Catholicism and Feminism don’t go together because of the denial of bodily autonomy and bodily integrity of women*, especially in regard to reproductive rights. The right to bodily integrity is supposed to be a fundamental right of everybody – and children are people.
        [...]
        Deciding for your child that s/he will have to have parts of her body altered to adhere to certain religious traditions or to follow a cultural paradigm is not justified by any idea of bodily integrity for every person, however, and directly violates the rules of consent.

        - stop! talking, Religion And Bodily Integrity. während Stephanie nebenan darauf hingewiesen hat, dass sie es nicht einsieht, körperliche über seelische Selbstbestimmung zu stellen.)

          Zitieren  Antworten

        1. [Autorin]

          kiturak » Hier haben wir beide einfach unterschiedliche Ansichten. Ich glaube nicht daran, dass es möglich ist, Kinder nicht zu erziehen. Und als Erziehungswissenschaftlerin, wie auch als Mutter kannst Du mir glauben, dass ich mir darüber lange und viele Gedanken gemacht habe. Aber schlicht die Tatsache, dass ein Kind, wenn es ihm niemand beibringt, seine Hand auf die heiße Herdplatte legt, ist ein ganz banaler Beweis dafür, dass Kinder eine Erziehung benötigen. Aber die Begründung der Erziehung geht natürlich auch darüber hinaus, aber ich will hier keine Diskussion über Sinn und Unsinn von Erziehung führen, zumal das wirklich den Rahmen hier sprengen würde.

          Was die Beschneidung an sich angeht. Viele Männer, die ich kenne sind beschnitten. Gut vielleicht haben einige Probleme damit, haben mir aber nie etwas davon erzählt. Ob die Probleme jedoch davon kommen, ist meines Erachtens zweifelhaft und zumindest nicht belegbar. Hierzu noch ein Artikel von Micha Brumlik, der über diesen Punkt weiter nachdenkt: http://www.fr-online.de/kultur/beschneidung–judentum-und-islam-hier-nicht-erwuenscht-,1472786,16529678.html

          Ich war auch bei einigen Beschneidungszeremonien dabei. Also nicht unmittelbar, weil das doch in der Regel in einem kleinen Kreis von Eltern, Taufpaten und Arzt passiert, aber ich habe in einem Nebenraum quasi die Beschneidung abgewartet und habe von dort auch das Weinen eines Kindes gehört, wie es auch nach einer Impfung weint und es mir das Herz zerschlägt. Manchmal hat es auch gar nicht geweint, so dass ich annehmen konnte, dass es nicht so schlimm war.

          Für mich als muslimische Feministin ist die Beschneidung kein großer Akt der Körperverletzung, auch wenn sie zum Teil schmerzhaft ist oder sein kann und den Penis in seinem Aussehen verändert. Es ist ein Initiationsritus, der die Männlichkeit herbeiführen soll und welcher meines Erachtens der Weiblichkeit, welche ohne ein zutun bereits mit viel mehr Schmerzen verbunden ist, als so eine Beschneidung. Ich spreche hier von monatlichen Menstruationsbeschwerden, ich spreche hier von der Schwangerschaft und der Geburt. Bis heute spricht kein Mensch darüber, welch sadistischer Wunsch es ist, wenn eine Frau sich ein Kind wünscht und dafür schwanger wird. Im Gegenteil dieser Wunsch soll noch weiter gefördert werden, wobei die Kosten dafür natürlich auch weiterhin zum größten Teil bei der Frau bleiben….

          Natürlich kann die Beschneidung nicht zur Pflicht für alle gemacht werden, aber letztendlich haben Eltern darüber zu entscheiden, und dabei bleibe ich, wie sie ihre Kinder erziehen. Das müssen sie auch tun, um ihrer Verantwortung ihren Kindern gegenüber tun zu können.

            Zitieren  Antworten

  5. 5
    Kinch

    Hey [Autorin],

    ein paar Anmerkungen:

    Mir, als Muslimin ist kein Mann bekannt, der die Beschneidung im Nachhinein als negative körperliche Verstümmelung bezeichnet hat

    Mit mir und Najem Wali sind dir jetzt zwei bekannt.

    vorgibt, deswegen beispielsweise nicht mehr sexuell aktiv sein zu können

    Auch da gibt es dokumentierte Fälle. Abseits der Frage ob ein Mann ohne Vorhaut noch sexuell aktiv ist, ist vielleicht auch interessant, dass die Vorhaut nicht einfach nur ein Stück Haut ist:

    Die Vorhaut wird als einer der sensibelsten Bestandteile des Penis eingeschätzt. Im Durchschnitt enthält die Vorhaut über 73 m Nervenfasern und über 20.000 Nervenenden. Sie ist damit vergleichbar sensibel wie die Lippen oder die Fingerspitzen.

    (Quelle: Wikipedia)
    Ist die Vorhaut wichtig für das sexuelle Empfinden? Ich werde es wohl nie erfahren.

    Neben der sexuellen Aktivität mit Partnern, beeinflusst eine Beschneidung auch die Masturbation der Männer deutlich; diese haben schlicht keine oder nur noch eingeschränkte Möglichkeiten die Eichel mit der Vorhaut zu stimulieren.

    Aber ich hätte eigentlich aus Interesse noch ein paar Fragen an dich:

    Was die Bschneidung angeht, empfinde ich sie nicht als Körperverletzung. Ja, es tut weh, wenn es geschieht, aber eben nicht mehr als eine Impfung

    Woher genau weißt du, dass eine Beschneidung höchstens genauso schmerzhaft ist wie eine Impfung? Zumindest meine Erfahrungen sind da gänzlich anderer Natur.

    Und: Schön, dass du eine Beschneidung nicht als Körperverletzung empfindest. Tatsache jedoch ist, dass sie eine Körperverletzung ist. Ich möchte gerne von dir wissen, wo genau du die Grenze setzt, welche Formen der Körperverletzung im Rahmen religiöser Rituale für dich legitim sind. Ist zum Beispiel körperliche Züchtigung noch in Ordnung für dich, wenn sie religiös begründet ist?

    Grüße

    [freigeschaltet von Samia]

      Zitieren  Antworten

  6. 6
    [Autorin]

    Hier wird geradezu so diskutiert, als ginge es darum, in Deutschland das Beschneidungsgebot im Grundgesetz zu verankern. Darum geht es aber nicht, auch wenn hier versucht wird die Dominanzverhältnisse anders darzustellen. Es geht darum, dass einige Menschen für sich den Islam und das Judentum als richtige Religion betrachten und dies auch weiterhin tun möchten. Dazu gehört auch die Tradition der Jungenbeschneidung, die ich persönlich nicht so schlimm finde, sondern aus muslimisch feministischer Sicht sogar nachvollziehbar. Natürlich gibt es auch mal Fälle der Komplikationen. Ich kenne aber keinen persönlich! Es kann aber auch ein Ohrloch, ein Piercing sich entzünden und schlimme Konsequenzen nach sich ziehen. Das heißt aber nicht, dass das die Regel ist! Und dass es nicht gut ist, mit der Beschneidung zu warten, ist ja genau das, worum es geht. Eine Beschneidung, soll sie so schmerzfrei wie möglich ablaufen, muss so früh wie möglich geschehen. Das wird in den Traditionen auch so gehandhabt. Dass Eltern sich aber jahrelang nicht trauen oder keine Gelegenheit finden, ihr Kind beschneiden zu lassen, um es dann im Teenageralter beschneiden zu lassen, was sicher für niemanden schön ist, ist diskutabel. Allerdings nicht in dieser Art der Öffentlichkeit und nicht in dieser Form. Da nützt auch jede political correctness nicht, wenn sie eine höfliche Form der Bevormundung darstellen soll!

      Zitieren  Antworten

    1. 6.1
      Stephanie

      [Autorin] » Ich denke, was kiturak vermisst, ist, dass Du auf das Adultismus-Problem darin eingehst. Es geht also weder darum, welche Religion Menschen für sich selber wählen, noch dass Erwachsene bevormundet werden. Es geht um Menschen, die in unserer Gesellschaft als nicht-mündig angesehen werden, also alles unter 18 (mit Abstufungen). Bei diesen wiederum gibt es Menschen die eine vorrausschauende Willensbekundung abgeben können (“Ich will meine Haare nciht geschnitten bekommen”) und Menschen, die das (noch) nicht können (z.B. Babys). Erstere sind für mich indiskutabel was die elterliche Verfügungsgewalt betrifft, weshalb für mich die Formulierung Menschen “im Teenageralter beschneiden zu lassen” gar nicht geht. Babys hingegen sind überaus schwierig, was die elterliche Verfügungsgewalt anbelangt, denn für diese müssen bestimmte Entscheidungen getroffen werden (Krabbelgruppe oder nicht, Impfung oder nicht, Taufe oder nicht, mit Herdplatte spielen lassen oder nicht etc.).

      Davon umbenommen: In der öffentlichen Diskussion geht es darum nicht und auch Kinch geht’s nicht darum.

        Zitieren  Antworten

      1. [Autorin]

        Stephanie » Es ist aber eine Art der Bevormundung, wenn mir lauter christlich geprägte Menschen erzählen wollen, wie schlimm muslimische oder jüdische Praktiken sind und wir diese ändern sollen. Wichtige Themen müssen diskutiert werden und ich kann mich natürlich als Erziehungswissenschaftlerin auf eine Diskussion einlassen, in der es um das Wohl des Kindes geht, aber eben nicht auf Kosten der Muslime und Juden, welche Minderheiten darstellen und ohnehin diskriminiert werden. Es kann nicht sein, dass Themen auf dem Rücken der Minderheiten ausgehandelt werden und sie die Kosten dafür tragen müssen. Unter diesen Umständen kann ich beim besten Willen nicht erkennen, was der Unterschied zwischen einer politisch korrekten Mehrheitskritik und einer unkorrekten Mehrheitskritik sein soll, wenn beides auf dasselbe hinausläuft, nämlich zu sagen, wie schrecklich unsere Praktiken seien.
        Für mich ist eine Beschneidung kein schlimmer Eingriff, auch wenn es problematische Einzelfälle gibt. Ich kenne auch jemanden der mit 11 erst beschnitten wurde und dennoch keine Probleme damit hat. Also selbst späte Beschneidungen stellen nicht per se einen Anlass zur Sorge dar. Und die meisten beschnittenen Männer sagen und bestätigen das auch. Aber da es darum geht, die Muslime und Juden zu diskreditieren und sie zu bevormunden, werden in diesem öffentlichen Diskurs diejenigen Einzelfälle ernst genommen, bei denen es Probleme gegeben hat, wobei diejenigen, die keine Probleme damit haben und je hatten marginalisiert werden. Auf so eine Diskussion kann und möchte ich nicht anders eingehen.

          Zitieren  Antworten

        1. Stephanie

          [Autorin] » Ähm, ja, das habe ich durch den letzten Satz in meinem letzten Kommentar andeuten wollen. U.a. deswegen habe ich die Baby-Adultismus-Frage auf andere Geschichten beschränkt und es bei der “ältere” Kinder Frage auf eine Formulierungskritik beschränkt.

            Zitieren  Antworten

  7. 7
    Samia

    @Sakine Also, ich bin ja wie du weißt nicht religiös und will mich hier auch nicht als Pseudo-Muslima aufspielen oder so, wirklich nicht. Aber du kannst mir glauben, dass ich hier trotzdem emotional dabei bin. Ich war z.B. bei der Beschneidung meines kleinen Bruders dabei (also im Nebenzimmer halt), und ich kenne auch persönlich niemanden, der sich darüber beschwert, aber das heißt irgendwie nicht so viel, siehe die Beispiele hier im Thread. (Ich denke auch nicht, dass mir das ein Mann* so einfach sagen würde, aber ich werde versuchen, es bei Gelegenheit mal anzusprechen.) Wenn wir Jungenbeschneidung anhand der USA diskutieren würden, wo die Mehrheit der christlichen Jungen beschnitten wird, hätten wir nicht diese beschnittene Überschneidung mit dem Rassismus der Mehrheitsgesellschaft.

      Zitieren  Antworten

    1. 7.1
      [Autorin]

      Samia » Und warum bitte heißt das nicht viel? Ich spreche hier auch von Männern, die explizit sagen, dass das für sie nicht schlimm war und ist. Warum ist deren Meinung nicht relevant? Jetzt alle muslimischen Männer darauf anzusprechen, ist ja noch schöner! So ähnlich war es vor einigen Jahren, als alle Welt von allen muslimischen Frauen wissen wollte, egal wo sie gerade waren, was sie gemacht haben, ob sie zwangsverheiratet sind. insbesondere wurde ihnen unterstellt, sie seien es, auch wenn sie das selbst nicht so gesehen haben. Das ist Körperverletzung! Rassismus ist Körperverletzung! Wenn Du sie zwingst mit Dir über ihr Geschlechtsteil zu reden, ist es übergriffig! Und das tut diese Debatte! Jeder interessiert sich jetzt dafür, wie es wohl in der Hose von dem und dem aussieht. Eine wirklich schreckliche Vorstellung!

        Zitieren  Antworten

  8. 8
    Samia

    Äh, ich rede nicht von “allen muslimischen Männern*”, sondern von meiner Familie. Ich weiß bereits, wie es “in deren Hose aussieht”. Und mit Zwang hat das auch nix zu tun.

      Zitieren  Antworten

  9. 9
    [Autorin]

    Samia,

    Ja, für dich ist das deine familie, die durch jetzt fragen kannst und dabei auch vermeintlich gelassen bleiben darfst, weil es ja nur deine familie ist. bei anderen sind es muslimische kolleg_innen, muslime beim bäcker, auf der straße, in der straßenbahn etc.

      Zitieren  Antworten

  10. 10
    Samia

    Was meinst mit “vermeintlich”? Deine Beispiele sind natürlich Übergriffe auf die Intimsphäre und schrecklich, sowas wollt ich auf keinen Fall propagieren.

      Zitieren  Antworten

  11. 11
    [Autorin]

    Samia,

    Ich meine damit, dass Deine Zugehörigkeit zu Deiner muslimischen Familie Dir vermeintlich das Gefühl von Sicherheit gibt, um das Thema dort anzusprechen. Aber diese Sicherheit finde ich nicht richtig , zumal sie einen Diskurs und Argumente eines rassistischen konnotierten Diskurses transportiert, ob nun in Deine Familie oder woanders hin. Zudem bezeichnest Du Dich nicht als Muslimin, weswegen Du in Deiner Familie dann auch eine außenstehende Position, nämlich die der Mehrheitsgesellschaft einnimmst….Das finde ich alles in allem sehr schwierig, oder wie stellst Du Dir das vor?

    Hier noch ein interessanter Beitrag
    http://bababaruch.wordpress.com/2012/07/11/keine-diskussion-3/

      Zitieren  Antworten

  12. 12
    Hille

    Ich fand diesen Text auch hier interessant: http://bababaruch.wordpress.com/2012/07/11/keine-diskussion-3/.
    Da kommt die Eurozentrismus-Kritik ganz gut rum, und den Handlungsvorschlag finde ich auch nachvollziehbar.
    [freigeschaltet von sakine]

      Zitieren  Antworten

    1. 12.1
      [Autorin]

      Hille » Ja, ich hatte den Text gerade auch gepostet

        Zitieren  Antworten

  13. 13
    Samia

    @Sakine Ich hab schon ein Problem damit, mich selbst als irgendwie außerhalb meiner Familie zu betrachten, nur weil ich in meiner Jugend irgendwann für mich entschieden habe, nicht an Gott zu glauben. Ich hab deswegen doch nicht die Seiten gewechselt und mal eben Rassismus internalisiert (so hört sich das bei dir jedenfalls an). Dass ich einen rassistischen Diskurs zum Anlass nehmen würde, das Thema anzusprechen, ist richtig. Warum meine Argumente deswegen rassistisch sein sollen, versteh ich aber nicht. Ich kann mir ja nicht aussuchen, wie ich auf ein Thema aufmerksam werde.
    Es ist übrigens mitnichten so, dass ich das so einfach ansprechen kann, das liegt ja schon in der Natur des Themas. Ich hätte jetzt auch eher erstmal Frauen* darauf angesprochen, wie sie das sehen.

      Zitieren  Antworten

  14. 14
  15. 15
    Uli

    Kinch,

    Ich finde Du stellst mehrere sehr wichtige Fragen, die hier leider unbeantwortet bleiben. Trotzdem haben natürlich Sakine, kiturak und Stephanie Recht, wenn sie von den größeren Problemen des Adultismus und Rassismusses und allgemein Mehrheitsdominanz sprechen. Ja, ich denke auch, dass es sich bei der Berichterstattung und Meinungsmache über das Urteil um eine Aufbauschung handelt, die ganz sicher rassistisch und islamfeindlich ist. Deswegen bezweifele ich, dass das Thema im Augenblick wirklich würdig behandelt werden kann. Denn bevor das möglich ist, müssen diese Grundprobleme – Dominanzkultur der Mehrheit, Rassismus, Adultismus – wahrgenommen, die Betroffenen respektiert und eine Weiterentwicklung der Lage diskutiert werden. Ansonsten befürchte ich, dass sich die eigentlich sehr gerechtfertigte Teilnahme an der Diskussion bedeutet, eben mit den Rassist_innen, Islamfeind_innen und Antisemit_innen in ein gemeinsames Horn stößt, das jene ja erst aufgestellt haben. Vielleicht können diese Fragen im Augenblick nicht allgemeingültig beantwortet werden ohne *istisch zu werden. :-(

    Zum Thema Beschneidung allgemein: Ich bin aus medizinischen Gründen mit weniger als zehn Jahren beschnitten worden. Ich nehme an, dass ich aufgrund meines früher immensen Schulmedizinvertrauens und noch mangelnden Sexualität den Eingriff weder als Bevormundung noch als Verstümmelung erlebt habe. Andererseits empfinde ich auch keine Probleme bei egal welcher Auslebung meiner Sexualität, ob nun allein oder mit Partner_in. Ich bin wohl ein Beispiel für eine unproblematische leidfreie Beschneidung; einen Vergleich, wie Kinch treffend bemerkte, habe ich allerdings genauso wie er nicht.
    Umgekehrt kenne aber auch “R” (weiß, deutsch, cismännlich, heterosexuell, mittelständisch – Mehrheit eben), der als Baby aus “hygienischen” Gründen, sprich ohne jeglichen religiösen oder medizinischen Anlass, beschnitten wurde. Auch ohne ein so traumatisches Erlebnis, wie es Najem Wali durchmachen musste, fühlt er sich intim verstümmelt und berichtete mir über regelmäßige Schwierigkeiten – also ein irreversibler Eingriff, eine Schädigung, in seiner Sexualität.

    Insgesamt komme ich erstmal zu dem Schluss, dass beim Thema Vorhautentfernung noch viel Aufklärung (im allgemeinen nicht-kolonialen Sinne) geschehen und Respekt gegenüber den Gefühlen, der (möglicherweise minderheitlich) negativ Betroffenen gezollt werden muss. Gleichzeitig kann ich nicht von der Hand weisen, was die aktuelle Diskussion gerade für eine Riesenscheiße ist. Ohne auf das größere Adultismusproblem eingehen zu können: Ich persönlich fühle, dass die körperliche Unversehrtheit eines Menschen über der Erziehungsrechten seiner_ihrer Eltern (egal ob religiös motiviert oder nicht, siehe “R”) steht. Da ich leider noch keine umfassenden Gedanken zu Bevormundung in Erziehung und Kinder-/Jugendlichenrechten habe, kann dieses Gefühl kein qualifiziertes Urteil sein. Deswegen plane ich zu recherchieren und mich zu bilden und setze mich bis dahin nicht zu Rassist_innen und Ähnlichen ins Boot.

    [freigeschaltet von Samia]

      Zitieren  Antworten

  1. 16

Hinterlasse eine Antwort

Angemeldet als kiturak. Abmelden?

Sie können diese HTML-Tags verwenden: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <strike> <strong>